Syn­Er­gie

Er­zeu­gungs­tiefs über­brü­cken: In­dus­trie­pro­zes­se fle­xi­bler ge­stal­ten

Schwan­ken­de Ver­füg­bar­keit ge­hört zu den größ­ten Nach­tei­len Er­neu­er­ba­rer En­er­gie­quel­len. Das Kopernikus-​Projekt Syn­Er­gie un­ter­sucht, wie die In­dus­trie hel­fen kann, diese so­ge­nann­te Vo­la­ti­li­tät aus­zu­glei­chen. Das kann ge­lin­gen, indem Groß­ver­brau­cher ihre Pro­zes­se je nach Strom­ver­füg­bar­keit kurz­zei­tig hoch- oder run­ter­fah­ren – ohne, dass die Qua­li­tät der Pro­duk­te dar­un­ter lei­det.

Das Bild zeigt einen Mann und eine Frau in Schutzkleidung, die sich offenbar in einer Fabrik in Maschinennähe gemeinsam einen Plan ansehen.
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Al­lein die In­dus­trie ver­braucht in Deutsch­land 44 Pro­zent des Stroms und gut ein Drit­tel der En­er­gie für Wär­me­zwe­cke. Damit hat die In­dus­trie enor­mes Po­ten­zi­al, Schwan­kun­gen durch Er­neu­er­ba­re En­er­gien im Strom­netz aus­zu­glei­chen. Wenn Wind und Sonne zu wenig En­er­gie lie­fern, kann die In­dus­trie ihre Strom-​ und Wärme-​Nachfrage an­pas­sen und so lange den Ver­brauch re­du­zie­ren, bis wie­der mehr Strom zur Ver­fü­gung steht. Auch das Ge­gen­teil ist mög­lich: Wird für kurze Zeit mehr Strom er­zeugt als tat­säch­lich be­nö­tigt wird, kön­nen Un­ter­neh­men ihren Ver­brauch be­wusst er­hö­hen, um Schwan­kun­gen aus­zu­glei­chen. Wis­sen­schaft­ler nen­nen diese An­pas­sung „Demand Side Management“, zu Deutsch „An­pas­sung der Strom-​Nachfrage“. Für eine ge­lin­gen­de En­er­gie­wen­de ist das Demand Side Management des­halb so zen­tral, weil im Strom­netz zu jeder Zeit die Nach­fra­ge ge­nau­so hoch sein muss wie das An­ge­bot – sonst bricht das Strom­netz zu­sam­men.

Lö­sun­gen für be­son­ders en­er­gie­in­ten­si­ve Bran­chen

Das Kopernikus-​Projekt Syn­Er­gie er­forscht, wie die In­dus­trie diese An­pas­sun­gen leis­ten kann. Der Grund­stein dafür wurde in den ers­ten bei­den För­der­pha­sen ge­legt. In der fi­na­len drit­ten Phase ste­hen Um­set­zung und De­mons­tra­ti­on im Fokus. Gleich­zei­tig wol­len die Pro­jekt­part­ner neue, be­son­ders star­ke En­er­gie­fle­xi­bi­li­täts­po­ten­zia­le er­schlie­ßen. Zu den Zie­len der drit­ten Pro­jekt­pha­se ge­hört, bis zu 20 Gi­ga­watt (GW) an in­dus­tri­el­lem Fle­xi­bi­li­sie­rungs­po­ten­zi­al in Deutsch­land ab­zu­de­cken. Dies ver­rin­gert zu­gleich den Be­darf an an­der­wei­ti­gen Fle­xi­bi­li­täts­op­tio­nen, etwa durch kos­ten­in­ten­si­ve Bat­te­rie­spei­cher.

Aus den ers­ten zwei Pha­sen blickt Syn­Er­gie be­reits auf ei­ni­ge Er­fol­ge zu­rück, dar­un­ter fol­gen­de:

Syn­Er­gie konn­te er­mit­teln, wie viel En­er­gie die deut­sche In­dus­trie bei Netz­schwan­kun­gen ent­we­der mehr oder we­ni­ger ver­brau­chen könn­te. Wenn im Netz mehr Strom zur Ver­fü­gung steht, als ei­gent­lich ge­braucht wird, könn­te die deut­sche In­dus­trie ihre Nach­fra­ge um bis zu 9 Gi­ga­watt (GW) für 15 Mi­nu­ten er­hö­hen. Steht we­ni­ger Strom zur Ver­fü­gung, als ge­ra­de ge­braucht wird, könn­te die In­dus­trie ihre Nach­fra­ge für 15 Mi­nu­ten um 10,7 GW sen­ken.

Ins­ge­samt ent­spricht das Fle­xi­bi­li­täts­po­ten­zi­al der Leis­tung von rund 5.620 On-​Shore-Windrädern.

Die fle­xi­ble An­pas­sung der In­dus­trie an Schwan­kun­gen des Strom­net­zes wird vor allem bei jenen Un­ter­neh­men be­reits an­ge­wandt, die be­son­ders große Men­gen Strom ver­brau­chen. Deutsch­lands größ­ter pri­vat­wirt­schaft­li­cher Strom­ver­brau­cher ist der Es­se­ner Alu­mi­ni­um­her­stel­ler TRI­MET. Auf TRI­MET ent­fal­len jähr­lich 1,6 Pro­zent des ge­sam­ten deut­schen Strom­be­darfs. Bis zum Start von Syn­Er­gie war TRI­MET auf die kon­stan­te Nut­zung von Strom an­ge­wie­sen: Jede Schwan­kung hätte die Alu­mi­ni­um­öfen vor Ort be­schä­di­gen kön­nen. Durch den star­ken elek­tri­schen Strom ent­steht in den rie­si­gen Elek­tro­ly­seu­ren ein Ma­gnet­feld. Schwankt der Strom, schwankt die­ses Ma­gnet­feld, und der ganze Ofen gerät aus dem Gleich­ge­wicht. Syn­Er­gie hat zu­sam­men mit TRI­MET nun einen Weg ge­fun­den, das Ma­gnet­feld auch bei schwan­ken­dem Strom kon­stant zu hal­ten. Da­durch kann das Es­se­ner Un­ter­neh­men sei­nen Strom­ver­brauch für bis zu zwei Tage um 22,5 Me­ga­watt er­hö­hen oder sen­ken. Das ent­spricht der Leis­tung von etwa 25.000 Drei-​Personen-Haushalten.

Ähn­lich viel Strom wie TRI­MET ver­brau­chen die Luft­zer­le­gungs­an­la­gen des Gas­kon­zerns Linde. Luft­zer­le­gung be­deu­tet, Luft in ihre Be­stand­tei­le zu tei­len, um sel­te­ne Gase zu ge­win­nen. Bis­her war das nur mit kon­stant hohem Strom mög­lich. In Syn­Er­gie ist eine An­la­ge zur fle­xi­blen Luft­zer­le­gung ent­stan­den. Diese ist in Dä­ne­mark er­folg­reich in Be­trieb ge­gan­gen.

 

Ge­mein­sam mit sei­nem Part­ner UPM AG hat Syn­Er­gie an der Fle­xi­bi­li­sie­rung der en­er­gie­in­ten­si­ven Pa­pier­her­stel­lung ge­forscht. Durch tech­no­lo­gi­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche In­no­va­tio­nen ließ sich auch hier das Fle­xi­bi­li­täts­po­ten­zi­al deut­lich stei­gern.

In der Mo­dell­re­gi­on Augs­burg tes­ten die Part­ner seit lan­ger Zeit ihre An­sät­ze in der Pra­xis. Damit wol­len sie Un­ter­neh­men An­rei­ze bie­ten, so um­zu­bau­en, dass sie ge­zielt mehr oder we­ni­ger Strom ver­brau­chen kön­nen. Hier hat das Pro­jekt ge­zeigt, dass die ent­wi­ckel­ten Tech­no­lo­gien auch in der Brei­te ef­fi­zi­ent funk­tio­nie­ren. In der Mo­dell­re­gi­on er­ar­bei­te­ten En­er­gie­ver­sor­ger, Netz­be­trei­ber, In­dus­trie­un­ter­neh­men, For­schungs­ein­rich­tun­gen, Bür­ger­initia­ti­ven und die re­gio­na­le Po­li­tik vor Ort ge­mein­schaft­lich An­sät­ze, wie ein lo­ka­ler Aus­gleich von Strom­schwan­kun­gen aus­se­hen kann. So konn­te der Fle­xi­bi­li­täts­han­del über eine Energie-​Synchronisations-Plattform er­folg­reich de­mons­triert wer­den. Wei­te­re Infos dazu gibt es auf die­ser Un­ter­sei­te.

 

Diese SynErgie-​Partner sind Teil der en­er­gie­fle­xi­blen Re­gi­on Augs­burg

Phase 3: In­ter­na­tio­na­le Per­spek­ti­ve und zu­sätz­li­che In­dus­trie­part­ner

Welt­weit ist die Fle­xi­bi­li­sie­rung so­wohl für star­ke Wirt­schafts­stand­or­te (bei­spiels­wei­se USA, Aus­tra­li­en) als auch für Entwicklungs-​ und Schwel­len­län­der re­le­vant. Für die in Syn­Er­gie ent­wi­ckel­ten Tech­no­lo­gien und Lö­sun­gen er­gibt sich somit ein at­trak­ti­ves Ex­port­po­ten­zi­al. Der deut­schen In­dus­trie kommt als Aus­rüs­ter welt­wei­ter Fa­bri­ken eine be­son­de­re Rolle zu. Denn die Fle­xi­bi­li­tät lässt sich nicht nur in den ei­ge­nen Fa­bri­ken nut­zen, son­dern setzt sich über Branchen-​ und Län­der­gren­zen hin­weg. In Phase drei setzt sich das Kon­sor­ti­um zu 75 Pro­zent aus In­dus­trie­part­nern zu­sam­men – dies zeigt die wirt­schaft­li­che Be­deu­tung von Syn­Er­gie für Un­ter­neh­men.

 

Mo­dell­re­gi­on Augs­burg als Schwer­punkt für De­mons­tra­ti­ons­vor­ha­ben

Die Ko­ope­ra­ti­on mit re­gio­na­len Strom­netz­be­trei­bern, Strom­lie­fe­ran­ten und der Zi­vil­ge­sell­schaft er­mög­licht eine fun­dier­te, sys­te­mi­sche Ana­ly­se der Er­geb­nis­se. Die Mo­dell­re­gi­on (mehr dazu auch hier) wird wei­ter ge­stärkt. Al­lein in Augs­burg und Um­ge­bung sind 17 Um­set­zungs­pro­jek­te ge­plant. Eine Be­son­der­heit ist die Be­trach­tung von In­dus­trie­quar­tie­ren. In die­sen un­ter­sucht, im­ple­men­tiert und de­mons­triert Syn­Er­gie die En­er­gie­fle­xi­bi­li­sie­rung eines Un­ter­neh­mens­ver­bunds in­ner­halb eines geo­gra­fisch ab­ge­grenz­ten Be­reichs in­te­griert.

  • „En­er­gie­fle­xi­bi­li­tät im Stadtbach-​Industriequartier – Test­bed und De­mons­tra­tor Markt-​ und Strom­sys­tem“. Pra­xis­part­ner: UPM, MAN, Stadt­wer­ke Augs­burg.
  • „Nach­hal­ti­ges Flex­quar­tier für das un­ter­neh­mens­über­grei­fen­de En­er­gie­fle­xi­bi­li­täts­ma­nage­ment im In­dus­trie­quar­tier Un­gers­hau­sen“. Pra­xis­part­ner: Alois Mül­ler, CB-​Tec, DPD.

 

 

 

Von A(lu) bis S(tahl): Ar­beits­schrit­te, die Syn­Er­gie fle­xi­bi­li­siert
  • Alu­mi­ni­um­in­dus­trie: Aluminium-​Elektrolyse
  • Che­mie­in­dus­trie: Chlor-​Alkali-Elektrolyse und Ex­trak­ti­on von Car­bon­säu­ren
  • Gas­in­dus­trie: Luft­zer­le­gung
  • Kunst­stoff­in­dus­trie: Spritzguss-​Produktionsstraße
  • Me­tall­in­dus­trie: Leicht­me­tall­druck­guss und Mas­siv­um­for­mung
  • Pa­pier­in­dus­trie: Halb­stoff­her­stel­lung
  • Pro­duk­ti­ons­in­fra­struk­tur: Kühl- und Heiz­sys­te­me
  • Stahl­in­dus­trie: Hy­bri­des Heiz­sys­tem und Elek­tro­stahl­her­stel­lung

 

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Hier sit­zen die SynErgie-​Partner

 

Recht­li­che und re­gu­la­to­ri­sche Hin­der­nis­se aus­räu­men

Die Er­geb­nis­se von Syn­Er­gie sind äu­ßerst viel­ver­spre­chend. Die Fle­xi­bi­li­sie­rung der In­dus­trie birgt ge­wal­ti­ge Po­ten­zia­le, um das deut­sche Strom­netz zu sta­bi­li­sie­ren. Die Ge­setz­ge­bung in ihrer heu­ti­gen Form „be­straft“ Maß­nah­men der Fle­xi­bi­li­sie­rung al­ler­dings eher als dass sie dafür An­rei­ze schafft. So sind bei­spiels­wei­se Netz­ent­gel­te und die EEG-​Umlage an kon­stan­ten Strom­ver­brauch ge­kop­pelt. Aus die­sem Grund hat Syn­Er­gie ein aus­führ­li­ches Po­si­ti­ons­pa­pier zum heu­ti­gen Stand er­stellt. Zu­sätz­lich haben die For­schen­den und Part­ner in einer Zu­sam­men­fas­sung aus­ge­ar­bei­tet, wel­che Re­gu­la­ri­en drin­gend An­pas­sun­gen be­dür­fen, um das Po­ten­zi­al der In­dus­trie auch nut­zen zu kön­nen. Wie sich das Strom-​Markt-Design lang­fris­tig ver­än­dern müss­te, um Netz­re­strik­tio­nen und Fle­xi­bi­li­täts­po­ten­zia­le – ins­be­son­de­re auf der Nach­fra­ge­sei­te – zu be­rück­sich­ti­gen, zeigt ein SynErgie-​White­pa­per.

 

Alle SynErgie-​ sowie die wei­te­ren Kopernikus-​Publikationen sind ge­sam­melt und durch­such­bar in die­ser Liste zu fin­den. Nach­fol­gend zudem eine Aus­wahl an wich­ti­gen Infos aus dem Pro­jekt.

Fach­buch

En­er­gie­fle­xi­bi­li­tät in der deut­schen In­dus­trie

Zum Fach­buch

FLYER

En­er­gie­fle­xi­bi­li­tät als Chan­ce für klei­ne und mit­tel­stän­di­sche Un­ter­neh­men

Zum Flyer

Stel­lung­nah­me

SynErgie-​​Stel­lung­nah­me zur EEG No­vel­le 2021

Zum Do­ku­ment

Dis­kus­si­ons­pa­pier

Kon­zept der En­er­gie­syn­chro­ni­sa­ti­ons­platt­form

Zum Kon­zept

In­fo­gra­fik

Die en­er­gie­fle­xi­ble Fa­brik

Zur Gra­fik

Po­si­ti­ons­pa­pier

Po­si­ti­ons­pa­pier zu re­gu­la­to­ri­schen Än­de­run­gen (2021)

Zur Pu­bli­ka­ti­on

 

 

Neueste News aus dem Pro­jekt