11.02.2019 P2X
Phase 1: Was halten Jugendliche von der Energiewende? Erste Ergebnisse der „Invisible Kids“-Studie
Für das Kopernikus-Projekt P2X untersuchen das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), der WWF und die DECHEMA die Wahrnehmung und Akzeptanz von Power-to-X-Technologien bei Jugendlichen und Erwachsenen. Die Ergebnisse der Untersuchung aus Phase 1 zeigen, dass Jugendliche eine positivere Wahrnehmung der erneuerbaren Energien haben als Erwachsene.
Das Kopernikus-Projekt „P2X“ erforscht die Potenziale und Hürden für Power-to-X-Technologien für die Energiewende. Unter dem Oberbegriff „P2X“-Technologien fassen die Forschenden die Verfahren zusammen, welche aus erneuerbarem Strom (power) mit Hilfe von Elektrolyse (to) andere Stoffe (X) herstellen. Zu diesen Prozessen gehören Power-to-gas, Power-to-liquids und Power-to-chemicals. P2X spielt eine zentrale Rolle für die Energiewende und die Erreichung der politischen Klimaziele. Einerseits kann das Verfahren die starken Schwankungen von erneuerbaren Energien ausgleichen und diese über einen längeren Zeitraum speichern. Anderseits trägt es dazu bei, dass weitere Sektoren wie der Verkehr oder die chemische Industrie weniger CO2 ausstoßen. Die aus erneuerbarer Energie hergestellten Stoffe kann die Industrie als Alternativen zu fossilen Rohstoffen verwenden.
Bislang kommt die Öffentlichkeit mit den P2X-Technologien nur bei der Herstellung von Wasserstoff und Methan per Elektrolyse in Berührung, die für Brennstoffzellenfahrzeuge oder Power-to-Gas-Anlagen genutzt werden. Die Umsetzung von P2X-Technologien in einem großtechnischen Maßstab wird erst in einem längerfristigen Zeitraum erfolgen. Die in Zukunft tatsächlich betroffenen Akteure sind dann die heutigen Jugendlichen.
Das wirft Fragen auf: Was halten die Jugendlichen von der Energiewende? Stehen Sie ihr positiv gegenüber? Welches Potenzial sehen die Jugendlichen in P2X-Technologien? Bisher existieren relativ wenige Akzeptanzstudien, die sich mit der Wahrnehmung von Jugendlichen, insbesondere zur Energiewende, beschäftigen. Möglicher Grund ist, dass man glaubt, dass sich ihre Sichtweise nicht von der in anderen Generationen unterscheidet.
Die gemeinsame Studie „Invisible Kids“ von WZB, WWF und DECHEMA hat den Dialog zwischen Forschung und Jugendlichen zur Energiewende, Verkehr, P2X, und chemischer Industrie ermöglicht. Jugendliche konnten ihre Fragen mit P2X-Forschenden diskutieren und ihre Wahrnehmung der Vor- bzw. Nachteile mitteilen. Eine große Herausforderung bestand darin, die technisch komplexe Materie in geeignete Konzepte und Bilder zu übersetzen, sodass die Befragten sie ohne umfassendes Vorwissen verstehen und bewerten konnten.
WAS HALTEN JUGENDLICHE VON P2X-TECHNOLOGIEN?
Das Forschungsdesign der Studie sah mehrere methodische Schritte vor: Zuerst wurde in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aller Forschungscluster diskutiert, wie man die wissenschaftlichen Arbeiten für Jugendliche verständlich übersetzen kann. Diese Ideen wurden Jugendlichen in einem Design-Thinking Workshop vorgestellt. In einem nächsten Schritt haben die Forschenden auf Basis der Erkenntnisse, gemeinsam mit einem Meinungsforschungsinstitut eine Befragung konzeptioniert.
Die Befragung sollte einerseits die unvoreingenommene Wahrnehmung und das Wissen zu Energiewende, Verkehrswende und P2X-Technologien abfragen und anderseits mithilfe von Bildungselementen der WWF-Bildungsabteilung die Rolle von P2X darlegen, sodass diese bewertet werden kann. 1500 Jugendliche (bis 25 Jahre) und 500 Erwachsene als Vergleichsgruppe haben an dieser quantitativen Befragung teilgenommen. Die daraus resultierenden Ergebnisse wurden in einem letzten Schritt auf zwei Schülerworkshops mit Jugendlichen diskutiert. Die Einschätzung der Schüler zu P2X-Technologien in der Energiewende wurde anschließend qualitativ ausgewertet.
ERGEBNISSE
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Jugendliche als auch Erwachsene grundsätzlich eine zügige Umsetzung der Energiewende begrüßen. Jugendliche haben eine positivere Wahrnehmung gegenüber erneuerbaren Energien als Erwachsene: So finden nur 35 Prozent der befragten Jugendlichen, dass Wind- und Solarparks die Landschaft verunstalten, jedoch 55 Prozent der Erwachsenen. Jugendliche und Erwachsene unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Kenntnisse über Stromgewinnung, Speichertechnologien, Einsatz von Wasserstoff in der chemischen Industrie und Antriebstechnologien kaum. Vor allem in Bezug auf Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe ist das Wissen bei beiden Altersgruppen auf einem niedrigen Niveau.
Nachdem mithilfe von Infografiken die Rolle von P2X-Technologien dargelegt wurde, sollten die Befragten bewerten, wie sie den Einfluss der Technologie auf ihr berufliche Tätigkeit und die von ihnen genutzten Produkte – vor allem aus der chemischen Industrie und dem Verkehr – bewerten. 83 Prozent der Jugendlichen sehen in den nächsten 15 Jahren ihre eigene Nutzung von Verkehrsmitteln durch P2X-Technologien beeinflusst (im Vergleich dazu nur 74 Prozent der Erwachsenen). In den Schülerworkshops wurden die Jugendlichen darum gebeten, den Forschenden mitzuteilen, durch welche Bilder sie P2X-Technologien besser verstehen würden. Ein Schüler erklärt: „P2X -Technologien sind wie ein Stein, der auf ein Haus gehoben wird, damit er an Energie gewinnt und dann wieder hinuntergestoßen wird, damit seine Energie wieder freigesetzt wird.“
Die detaillierten Ergebnisse der Studie „Invisible Kids“ werden noch in diesem Quartal im gemeinsamen Sammelband der vier Kopernikus-Projekte „Akzeptanz und Partizipation – Herausforderungen für die Energiewende jenseits von Technik und Ressourcenausstattung“ veröffentlicht. Zusätzlich werden Teile der Ergebnisse am Mittwoch den 20. Februar 2019 im Rahmen der WZB-Veranstaltung „Junge Wissenschaft trifft Politik“ vorgestellt.