10.05.2019 ENSURE

Phase I: Netzentlastung durch neue Verteilnetzstrukturen

Energie aus erneuerbaren Quellen fluktuiert und wird dezentral erzeugt. Damit stellt die Energiewende neue Anforderungen an unser Stromnetz. Im ENSURE-Arbeitspaket „Neue Verteilnetzstrukturen“ haben Partner aus Industrie und Forschung in Phase 1 erforscht, wie zukunftsfähige Verteilnetze aussehen können, die diese Anforderungen erfüllen.

Das Bild zeigte eine Ackerlandschaft in Norddeutschland, in deren Hintergrund Windräder zu sehen sind.
Quelle: Schleswig-Holstein Netz AG

Die Bergische Universität Wuppertal (BUW) hat zwei Untersuchungsschwerpunkte. Zum einen wird erforscht, wie ein vermaschtes Netz zur Erhöhung der Netzkapazität beiträgt. Im vermaschten Netz sind verschiedene Netzknoten miteinander verbunden. Das bedeutet, dass elektrische Energie nicht nur von einem Versorger sondern von mehreren bereitgestellt werden kann. Fällt einer aus, kann die Versorgung trotzdem gewährleistet werden, da die anderen Versorger einspringen. Je dichter ein Netz vermascht ist, desto höher ist die Ausfallsicherheit aber auch die Komplexität. Zum anderen untersucht das Team der BUW, wie Power-to-Gas-Anlagen als sektorenübergreifende Flexibilitätsoption dienen können.

Innerhalb des Arbeitspaketes forschen verschiedene Partner an Lösungen für neue Netzstrukturen. Damit die Ergebnisse später vergleichbar sind und bewertet werden können, arbeiten alle mit einer einheitlichen Methodik und auf Basis gleicher Netzdaten, Szenarien sowie Annahmen. Vorgesehen ist, die Netze mit der zukünftigen Versorgungsaufgabe einerseits konventionell zu planen, d.h. das Netz durch neue Betriebsmittel zu verstärken, andererseits durch innovative Lösungsansätze auszubauen. Hierzu untersucht die BUW in Zusammenarbeit mit der Siemens AG die Anwendung von Vermaschungskonzepten in Mittelspannungsnetzen. Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung eines Betriebskonzepts zur dynamischen Vermaschung. Hierbei sollen durch die gezielte Änderung der Netztopologie durch adaptive Schaltmaßnahmen kritische Netzsituationen vermieden werden. Zudem wird der Einsatz von Power-to-Gas-Anlagen zur Behebung von Netzengpässen analysiert. Die DVGW-Forschungsstelle in Karlsruhe führt dabei die Gasnetzberechnungen durch und ermittelt das Einspeisepotential von regenerativem Wasserstoff bzw. Methan unter Berücksichtigung der gasnetzseitigen Restriktionen, wie Gasbeschaffenheit und Druckgrenzen. Das im Vordergrund stehende Ziel aller innovativer Lösungsansätze ist die Reduktion der Ausbaukosten für die Stromnetze bzw. die Verlagerung des Netzausbaus in die Zukunft. Bezogen auf das gesamte Energiesystem wird zudem die Flexibilisierung, Speicherung und sektorale Energieverschiebung ermittelt, zu der die Power-to-Gas-Technologie einen Beitrag leisten kann.

Bereits gewonnene Untersuchungsergebnisse der BUW anhand eines in ENSURE zur Verfügung gestellten ländlichen 20 kV-Mittelspannungsnetzes (hohe Einspeisung aus Windenergie, niedrige Stromnachfrage) zeigen, dass durch das Schließen offen betriebener Ringstrukturen die Betriebsmittelüberlastungen um bis zu 44 % gesenkt werden können. Darüber hinaus können mit der Anbindung von Power-to-Gas-Anlagen die Grenzwertverletzungen sogar um 62 % reduziert werden. Hier ist jedoch aufgrund der hohen Einspeisemenge der zwei angeschlossenen 5 MW-Elektrolyseure ein Methanisierungsprozess notwendig. Beide Lösungsansätze wurden dabei getrennt voneinander untersucht. Eine Kostenbarwertanalyse, die zur Abschätzung der kostenwirksamsten Maßnahmenkombination verwendet wird, ergab, dass mit der Vermaschung Ersparnisse von über 30 % gegenüber dem konventionellen Netzausbau erzielt werden können. Für die Anschaffung und den Betrieb der beiden Power-to-Gas-Anlagen sind jedoch bei einem rein netzdienlichen Verhalten, zumindest in dem untersuchten Netzgebiet, keine Ersparnisse vorzuweisen. Die hohen Investitionen bedürfen zusätzlicher Erlösmöglichkeiten, wie z.B. die Vermarktung des Flexibilitätspotentials in Zeiten niedrigerer Strombörsenpreise oder Einnahmen aus den erzeugten chemischen Energieträgern, um ein tragfähiges Geschäftsmodell bilden zu können. Untersuchungen an weiteren Netzen und auch die Kopplung des Netzbetriebs von vermaschten Netzstrukturen und Power-to-Gas-Anlagen werden dabei bis zum Ende der ersten Projektphase durchgeführt und bewertet.

 

Ansprechpartner:

  • Prof. Dr.-Ing. Markus Zdrallek, Bergische Universität Wuppertal
  • Marco Kerzel, Bergische Universität Wuppertal
  • James Garzon-Real, Bergische Universität Wuppertal
  • Wolfgang Köppel, DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT
  • Johannes Ruf, DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT
  • Dr. Christian Schacherer, Siemens AG

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