20.11.2024 Ariadne
Handlungsoptionen für einen grünen Strommarkt
Ein flexibles und effizientes Marktdesign ist Voraussetzung, damit der Übergang in ein klimaneutrales Stromsystem in Deutschland gelingt. Dabei gilt es, fünf zentrale Herausforderungen anzugehen, die Ariadne-Forschende in einem neuen Kurzdossier beleuchten. In Kurzsteckbriefen beschreiben sie 18 Handlungsoptionen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat den Druck erhöht, neue ökonomische, technische und rechtliche Rahmenbedingungen für einen fossilfreien Strommarkt zu schaffen. Um die Resilienz der deutschen und europäischen Energieversorgung zu stärken, hat die Europäische Union deshalb eine Reform des EU-Strombinnenmarkts beschlossen, die in Deutschland teilweise noch in nationales Recht umgesetzt werden muss. Darüber hinaus sind langfristig weitere politische Maßnahmen notwendig, um den Übergang in ein klimaneutrales Stromsystem zu begleiten. Welche das sein können, schlagen auf Basis ihrer Studien Ariadne-Forschende im neuen Kurzdossier vor.
In Deutschland unterscheidet sich je nach Jahres- und Tageszeit sehr deutlich, wie viel Wind weht und wie viel Sonne scheint. Aus diesem Grund setzt die Dekarbonisierung des Stromnetzes, die auf einem verstärkten Ausbau von Erneuerbaren Energien basiert, eine hohe Flexibilität voraus. Einige der von Ariadne-Forschenden untersuchten Handlungsoptionen setzen hier an. „Strompreise könnten zukünftig deutlich dynamischer gestaltet werden, um die aktuelle Situation auf dem Strommarkt und in den Stromnetzen besser abzubilden. Haushalte profitieren dann davon, wenn sie ihren Strombezug entsprechend anpassen“, erklärt Alexander Burkhardt vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, einer der Autoren des Kurzdossiers. Insgesamt identifizieren die Forschenden fünf zentrale Herausforderungen:
- die Sicherstellung eines hohen Ausbautempos Erneuerbarer Energien
- die Einstellung der fossilen Reststromerzeugung
- die Sicherstellung der Versorgungssicherheit bei hohen Anteilen Erneuerbarer Energien
- die effiziente örtliche Verteilung von Stromerzeugung und -verbrauch
- die Minimierung der Transformationskosten und ihre gerechte Verteilung
„Die Transformation des Strommarktes erfordert viele Weichenstellungen, die generationenübergreifend alle gesellschaftlichen Gruppen betreffen. Das gilt es, zum Beispiel im Verhältnis zwischen Bund und Ländern sowie Staat, Privathaushalten und Unternehmen auszutarieren“, betont Johanna Kamm von der Stiftung Umweltenergierecht. Das zeige sich beispielsweise bei der Frage der Finanzierung der Transformation. Hierfür brauche es rechtliche Rahmenbedingungen, die notwendige Investitionen in die Transformation rechtssicher und beständig anreizen und sicherstellen, dass Lasten angemessen verteilt werden.
Positive Bewertung für dynamische Stromtarife
Die Autorinnen und Autoren des Ariadne-Kurzdossiers stellen 18 Handlungsoptionen in Kurzsteckbriefen vor. Darin skizzieren sie sowohl ihre Wirkungsmechanismen als auch Herausforderungen grob. Das Forschungsteam ordnet die Handlungsoptionen anschließend den fünf Herausforderungen zu und analysiert, welche Option welche Herausforderungen direkt oder indirekt adressiert. Darüber hinaus entwickeln sie ein eigenes Kriterienset, um die Handlungsoptionen im Strommarktdesign zu bewerten. Unter den Bewertungskriterien finden sich zum Beispiel Kosteneffizienz, Versorgungssicherheit, Emissionsreduktion, Akzeptanz und Verteilungsgerechtigkeit.
Zwei Handlungsoptionen werden in der Analyse anhand des Kriteriensets exemplarisch auf einer Skala von sehr negativ (–3) bis sehr positiv (+3) bewertet. Eine davon ist die verstärkte Nutzung von dynamischen Stromtarifen, bei der die Forschenden hinsichtlich der meisten Kriterien eine positive Auswirkung feststellen. Mit einer Bewertungsmethode, die quantitative und qualitative Aspekte vereint, möchte es das Forschungsteam ermöglichen, Politikmaßnahmen systematisch, transparent und nachvollziehbar zu evaluieren. Und dadurch den politisch Verantwortlichen die Entscheidung für oder gegen bestimmte Instrumente erleichtern.