11.12.2024 Ariadne

Grüne Wertschöpfung hilft, Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten

Hohe Energiekosten gefährden Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit. Forschende des Kopernikus-Projekts Ariadne empfehlen daher in ihrem neuen Papier, günstige Grüne Vorprodukte zu importieren und auf industrielle Wertschöpfung zu setzen. So könnte die energieintensive Grundstoffindustrie klimaneutral und wettbewerbsfähig bleiben, insbesondere in der Chemie- und Stahlbranche.

Das Bild zeigt eine Hand vor grünem Hintergrund, die symbolische Wertschöpfungs-Bälle hält.
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Vor dem Hintergrund der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung und der notwendigen Transformation der deutschen Industrie rückt das Thema Wettbewerbsfähigkeit in den Fokus der öffentlichen Debatte. Langfristig werden die vergleichsweise hohen Kosten von Grünen Energieträgern in Deutschland einen Nachteil im internationalen Wettbewerb darstellen. Diesen dauerhaft und in der Breite der Industriesektoren politisch auszugleichen, bedarf hoher Subventionen, ist volkswirtschaftlich ineffizient und politisch kaum umsetzbar, schreiben Forschende im neuen Ariadne-Report.

Auch den heutigen Import fossiler Energieträger vollständig durch Grüne Energieträger ersetzen zu wollen, sei nicht realistisch. Nicht nur, weil Grüner Wasserstoff und erneuerbarer Strom in Deutschland knapp sind. Sondern auch, weil sie sich schlechter transportieren lassen als Kohle, Erdöl oder Erdgas. „Es ist aus fundamentalen physikalischen und ökonomischen Gründen unrealistisch, sämtliche energieintensiven Produktionsschritte Grüner Grundstoffe in Zukunft in Deutschland durchzuführen“, sagt der Ariadne-Forschende Philipp Verpoort vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK): „Ein subventioniertes ‚Weiter so‘ droht in einer Sackgasse zu enden.“

Kosten senken, Versorgungssicherheit gewährleisten

Stattdessen schlägt das Forschungsteam vor, den heutigen Import von fossiler Energie und Rohstoffen hin zum Import von Grünen Vorprodukten zu verschieben und sich stärker auf die hohe Wertschöpfung in der industriellen Weiterverarbeitung zu konzentrieren. So könnte die Stahlindustrie - statt wie heute Eisenerz - zukünftig grünes Roheisen importieren und in Deutschland zu Stahl verarbeiten. Dann würde lediglich der energieintensivste Schritt ins Ausland verlagert. Arbeitsplätze der Stahlindustrie und der nachgelagerten stahlintensiven Unternehmen ließen sich in Deutschland halten. Ein „Friendshoring“ in befreundete europäische Länder mit besserer Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom könnte sowohl Kosten senken als auch Versorgungssicherheit gewährleisten.

Gleiches gelte für die Chemieindustrie, die zukünftig Vorprodukte wie grünen Ammoniak oder grünes Methanol importieren könnte. „Da ein Großteil der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze zukünftig nicht in der Erzeugung solcher energieintensiven Vorprodukte unter Einsatz von viel Grünem Wasserstoff liegen wird, gilt es dies schon heute zu berücksichtigen und entsprechend vorzuplanen“, sagt Ariadne-Forscherin Luisa Sievers vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung: „Der künftige Fokus sollte stattdessen auf der Weiterverarbeitung in der Chemie-, Kunststoff- und pharmazeutischen Industrie liegen, was auch zur Sicherung heutiger Arbeitsplätze beiträgt.“

Prognose: Wasserstoff bleibt absehbar teuer und rar

Wenn die deutsche Grundstoffindustrie langfristig mehr Vorprodukte importiert, prognostizieren die Forschenden eine künftig geringere Wasserstoffnachfrage in Deutschland als derzeit angenommen. Gleichzeitig bleibe ein substanzieller Wasserstoffbedarf in einigen Industriesektoren bestehen, sodass auch eine Transformation hin zu Wasserstoff weiterhin gefördert werden müsse. Die Forschenden empfehlen, den anvisierten Hochlauf auf realistischen Mengengerüsten und plausiblen Zielbildern aufzubauen. Ansonsten erhöhe sich das Risiko, dass der Wasserstoffhochlauf insgesamt scheitert.

Auf absehbare Zeit bleibe Wasserstoff ein knappes und teures Gut, sodass auch bei steigenden CO2-Preisen hohe finanzielle Förderungen notwendig seien. Diese Förderung auf erste große Ankerkunden wie die Stahlproduktion zu fokussieren, hilft dem Wasserstoffhochlauf und den Investitionsentscheidungen in der Industrie. Zugleich solle nicht erwartet werden, dass die gesamte deutsche Grundstoffindustrie auf diese Weise mit Wasserstoff versorgt werden könne.

Bewertungsschema soll dabei helfen, Ziele zu schärfen

Für eine Transformation der deutschen Industrie empfehlen die Verfassenden des Ariadne-Reports die Entwicklung einer Gesamtstrategie, die sowohl europäisch eingebettet, als auch über verschiedene Politikfelder hinweg koordiniert ist. Die politischen Ziele sollten klar definiert sein, um Zielkonflikte zu begreifen und eine bewusste Entscheidung möglich zu machen. Die Autorinnen und Autoren legen ein Bewertungsschema vor, das dabei helfen kann. Ein kontrollierter Strukturwandel könnte den Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung weitgehend verhindern und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie stärken.

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