01.06.2021 Ariadne
Was Umweltschäden jährlich kosten und wie diese Kosten Steuern fairer machen könnten
Wissenschaftler aus dem Kopernikus-Projekt Ariadne haben erstmals geschätzt, wie hoch die Folgekosten durch Umweltschäden sind: Sie rechnen mit Kosten von 455 bis 671 Milliarden Euro. Bisher trägt die Gesellschaft diese Kosten. Umwelt- oder Lenkungssteuern könnten das ändern – und dadurch Bürgerinnen und Bürger entlasten.
Schon 1920 hat der britische Wirtschaftswissenschaftler Arthur Pigou dargelegt, wie sich der wirtschaftliche Wohlstand durch die Bepreisung externer Kosten optimieren lässt: Dabei wird zum Beispiel der Ausstoß von Schadstoffen mit einer Steuer belegt, die der Höhe der gesellschaftlichen Folgekosten entspricht. Während das effiziente Reduktion von Umweltschäden im Vordergrund steht, wird durch die Bepreisung noch ein positiver Nebeneffekt erzielt - zusätzliche Steuereinnahmen.
In Deutschland werden sogenannte Pigou- oder Umweltsteuern bislang allerdings nicht zielgenau eingesetzt. Einnahmen durch CO2-Preise, LKW-Maut, Energiesteuern und sonstige Verbrauchssteuern decken gegenwärtig gerade mal ein Viertel der externen Kosten ab, zeigt die Handlungsskizze des Kopernikus-Projekts Ariadne zu Optionen einer nachhaltigen Steuerreform.
Denn jährlich entstehen Folgekosten in einer groben Größenordnung von 13-19 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts, schlüsseln die Expertinnen und Experten das Ausmaß externer Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden in Deutschland auf.
Zielgerichtet Steuern für die Energiewende
Für die Energiewende zeigen die Ariadne-Fachleute von Klimaforschungs- und Wirtschaftsinstituten sowie Universitäten vier konkrete Handlungsfelder auf: Erstens müssten CO2-Preise im Emissionshandel angehoben werden, damit sie die durch den Klimawandel verursachten Schäden widerspiegeln. Zweitens würde in der Landwirtschaft eine konsequente Einberechnung von Treibhausgasen und anderen Umweltschäden wie dem Stickstoffeintrag nachhaltige Produktionsmethoden stärken. Drittens zeigt sich bei den Strompreisen, dass bestehende Abgaben wie die Stromsteuer nicht zielgenau auf den Klimaschutz ausgerichtet sind und ihn teilweise behindern: Die im europäischen Vergleich hohen deutschen Strompreise hemmen den Umstieg auf klimafreundliche Technologien wie Elektroautos oder Wärmepumpen. Doch nicht der Stromverbrauch an sich ist das Problem für die Umwelt, sondern vielmehr die klimaschädliche Stromerzeugung. Hier würden höhere CO2-Preise besser greifen.
Viertens: Auch im Verkehrssektor können Umweltsteuern wirkungsvoll eingesetzt werden, denn Folgekosten durch Schäden gehen weit über CO2-Emissionen hinaus. Staus, Lärm oder Unfälle entstehen auch bei Elektroautos, und auch bei zunehmender E-Mobilität muss die Straßeninfrastruktur finanziert werden. Wenn die Einnahmen aus Mineralölsteuern wegbrechen, stellen Mautsysteme eine Alternative dar. Diese könnten auch helfen, Staus in Ballungszentren und Städten zu reduzieren. Durch die Verwendung von Maut-Einnahmen für Infrastruktur, Nahverkehr und andere Steuerentlastungen, kann ein sozial ausgewogenes Gesamtpaket geschnürt werden.
Hunderte Milliarden Euros an zusätzlichen Steuereinnahmen könnten Entlastungen gegenfinanzieren
Die potenziellen zusätzlichen Einnahmen für den Staat durch Umweltsteuern liegen insgesamt bei 348-564 Milliarden Euro, rechnen die Fachleute vor.
Durch Umweltsteuern werden diese Kosten nicht willkürlich auf die Gesellschaft verteilt, sondern über den Preis von den jeweiligen Produzenten und Konsumenten getragen. Unternehmen haben so einen starken Anreiz klimafreundlich zu produzieren, um niedrigere Preise anbieten zu können. Verbraucherinnen und Verbraucher können wiederum zum Beispiel beim Einkauf im Supermarkt auch die gesellschaftliche Wirkung ihres Handels besser einkalkulieren.